Es ist noch keinen Monat her, seit ich mit meinen Schülern das Thema "Teilzeit und Befristung" im Arbeitsrecht besprochen habe. Meine Behauptung, dass es ohne weiteres möglich sei, mehr als 20 Jahre befristet tätig zu sein, wurde mit Unglauben aufgenommen - und doch stimmt es.

Kurz zum Hintergrund: Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erlaubt zwei Arten von Befristungen. Die sachgrundlose Befristung ist die, die jeder kennt - maximal zwei Jahre und innerhalb dieser zwei Jahre maximal drei Verlängerungen. Daneben gibt es aber auch die Befristung mit Sachgrund. Und diese unterliegt den eben beschriebenen Beschränkungen gerade nicht. Befristungen mit Sachgrund sind nämlich so lange zulässig, wie der Sachgrund besteht. Das kann kürzer sein als die "klassischen" zwei Jahre aber eben auch bedeutend länger.

Der Sachgrund, der eine Befristung auch über 20 Jahre möglich macht findet sich in § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG - "...wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt." Klassischer Anwendungsfall? Schauspieler und Sportler - wie das BAG mit seinem heutigen Urteil erneut bestätigt.

Erst im August 2017 wurde über die Klagen zweier Schauspieler entschieden, die nach 18 bzw. 28 Jahren aus Gründen der Verjüngung aus der Serie "der Alte" geschrieben wurden. Nach einer derart langen Zeit gingen die beiden davon aus, fester Bestandteil der Serie und des Kollegenkreises zu sein, und damit vergleichbar mit einem regulären Angestelltenverhältnis. Ihrer Ansicht nach wäre in den zahlreichen Verträgen über Folgen und Staffeln eine unzulässige Kettenbefristung zu sehen. In Wahrheit hätten sie bereits ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis mit Kündigungsfristen und der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.

Dies sah das BAG anders:

Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG geregelten Sachgrund soll die Befristung von Arbeitsverhältnissen ua. in dem durch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geprägten Gestaltungsinteresse des Arbeitgebers ermöglicht werden. Die Entscheidung der Beklagten, die Rolle des Klägers nur befristet zu besetzen, beruht auf künstlerischen Erwägungen, die von der Beklagten umgesetzt wurden. Die langjährige Beschäftigung des Klägers in der Rolle des Kommissars „Axel Richter“ in der Krimiserie „Der Alte“ überwiegt nicht das Interesse an einer kurzfristig möglichen Fortentwicklung des Formats durch die Streichung der vom Kläger bekleideten, im Kernbereich des künstlerischen Konzepts liegenden und die Serie mitprägenden Rolle.

Die Befristungen waren daher nach Ansicht des BAG zulässig und die Arbeitsverhältnisse endeten, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

Heute bestätigte das BAG seine Rechtsprechung erneut im Fall Heinz Müller. Der ehemalige Mainzer Torwart scheiterte an der gleichen Hürde wie im August 2017 die beiden Schauspieler. Das BAG entschied:

Im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport werden von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet, die dieser nur für eine begrenzte Zeit erbringen kann. Dies ist eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründet.

Es ist und bleibt also möglich, auch über Jahrzehnte befristet angestellt zu sein - soweit der Arbeitgeber einen guten Grund dafür vorweisen kann. Im Regelfall wird sich dies aber auf Arbeitsverhältnisse beschränken, die sich im öffentlichen Leben abspielen und bei denen man manchmal fast vergessen hat, dass es sich tatsächlich um Arbeitsverhältnisse handelt.

Zum Nachlesen:
BAG Urteil vom 30.08.2017 - 7 AZR 864/15
BAG Urteil vom 30.08.2017 - 7 AZR 440/16
BAG Urteil vom 16.01.2018 - 7 AZR 312/16